Puch 250 TF eine Legende entsteht - Verein der Puch-Freunde Gratkorn

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Puch 250 TF eine Legende entsteht

Restaurationberichte
Bei der Wiener Frühjahrsmesse 1940 stellte Puch ein völlig neu konzipiertes Motorrad vor: Die Puch 125, bei der in einem geschweißten Rohrrahmen der neue, glatte, formschöne Motorblock eingebaut war.  Von der bisher in Längsrichtung laufenden Kurbelwelle war man abgegangen und stellte auf einen Querläufer um. Die Produktionsstückzahl (diese Motorräder wurden hauptsächlich für die deutsche Wehrmacht erzeugt) erreichte bis Anfang 1946 ca. 25000 Stück. Dieses Motorrad lief ausnahmslos im Grazer Werk in der Puchstraße vom Band.
Bombenangriffe in mehreren Wellen richteten im Werk Thondorf, in dem nur Rüstungsgüter erzeugt wurden, große Schäden an. Das Werk in der Puchstraße kam glimpflicher davon.
Bereits in den Jahren 1940 und 1941 ging man daran, für den Hubraum von 250 ccm ein ähnliches Motorrad zu konzipieren. Ein Prototyp steht noch bei einem Sammler in Oberösterreich. Ein Draisinen-Doppelkolbenmotor mit 250 ccm und 4-Gang Getriebe aus dem Jahr 1941 ist zeichnungsmäßig überliefert.
Im Mai 1945 erreichten die ersten motorisierten sowjetischen Truppen, lange vor der späteren englischen Besatzungsarmee, die Landeshauptstadt Graz. Die noch brauchbaren Maschinen und Geräte in den Puchwerken wurden von der roten Armee beschlagnahmt und in die Ukraine abtransportiert.
Umso schwieriger gestaltete sich durch das Fehlen von Personal, Produktionseinrichtungen und Rohmaterial die Wiederaufnahme der Fahrrad- und Motorradproduktion. Mangels geeigneter Zulieferanten erzeugte Puch viele Bauteile wie Scheinwerfer, Lichtmaschinen und Vergaser selbst. Dazu kamen natürlich auch Druckgussteile, sowie das gesamte Getriebe und das Fahrgestell.
Ing. Wilhelm Rösche wurde zum Werksdirektor ernannt, der Puch wieder zu neuer Blüte führen sollte.
Aber zurück zur Puch 250. In der Konstruktions- und in der Versuchsabteilung wurde ab Anfang 1946 eifrig an diesem Projekt gearbeitet. Der „Doppelkolbenpapst“ DI Oswald setzte sich immer selbst im Versuch an den Prüfstand, um die Auswirkungen der von ihm angedachten Änderungen gleich selbst zu testen.
Als Referenzmodell diente die 250 S4 aus der Zwischenkriegszeit, dessen Höchstgeschwindigkeit, Leistungs- und Drehmomentwerte aber übertroffen werden sollten.
Ing. Wilhelm Rösche
Die zu erhöhende Motordrehzahl führte zu einer richtungweisenden Änderung: Der Doppelkolben-Zylinder erhielt einen dritten, hinteren Überströmkanal und das Gabelpleuel ersetzte man durch ein Neben- oder Anlenkpleuel. Der abgeflachte Kolbenbolzen im Ansaugkolben war somit Geschichte. Weiters dokumentierte Ing. Oswald in seinem Bericht vom September 1946, dass „durch günstige Zeitquerschnitte für Einlass, Spülung und Auslass und Unterbringung derselben bei möglichste geringen Höhen der Einlass- und Spülschlitze das Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich verbessert und die Spitzenleistung des Modells S4 beibehalten werden konnte“. Weitere Versuche dienten der Vergaserbestückung: Zwei Puch Vergaser mit ø18 mm (11,5 PS/4000 U/min) bzw. zwei Grätzin Vergaser mit ø24 mm (13 PS/4000 U/ min) oder ein Grätzin-Vergaser mit ø26 mm (10,5 PS/4000 U/min).
Zum Einsatz für die Serie kam dann ein Puch Vergaser ø26 mm (12 PS/4500 U/min). Die Zweivergaserversion sollte später für die sportliche TFS Anwendung finden. Die Auspuffanlage umfasste wahlweise zwei Rohre mit ø35x1 mm, Länge 820 – 870 mm. Die Dämpfung erfolgte mit Leistritz Töpfen. Wie heißt es so schön im Erprobungsbericht von 1947: „Die Steigerung der Drehzahl auf 4500 U/min ermöglichte die Verwendung niederer Übersetzungen. Dies ergibt einen weicheren Gang, bessere Beschleunigung und ein besseres Bergsteigvermögen“.
Das Fahrwerk wurde ebenso völlig neu konzipiert, da die neue 250er auch für Beiwagenbetrieb tauglich sein sollte. Ein Novum für diese Klasse bei Puch. Im o. a. Bericht heißt es: „Vollständig elektrisch verschweißt und ohne Schraubverbindungen. Die Verwendung von Vierkant-Oberrohr und -Vorderrohr ergibt eine verbesserte Festigkeit und gute Schweißverbindungen. Das Oberrohr ist als Kastenträger von hoher Biegefestigkeit ausgebildet. Die im Beiwagenbetrieb auftretende starke Verdrehung des Steuerkopfes wird durch das Oberrohr aufgenommen“.
Die Vorderradgabel war Anfangs eine Parallelogrammgabel, die bald durch eine ölgedämpfte Teleskopgabel mit großzügig bemessenem Federweg von 110 mm ersetzt wurde und wesentlich zur guten Federung und Straßenlage beitrug, welche später allgemein gelobt wurde.
Nach Vorliegen der ersten Musterfahrzeuge folgte die zweijährige Erprobungsphase.
Auch hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Die Fahrzeuge testeten die maßgeblichen Herren der Entwicklung (DI Oswald, Ing. Walter Kuttler und Ing. Mikina sowie auch Dir. Rösche) zeitweise selbst. Dazu kamen die besten Testfahrer: Weingartmann, Beranek und Geiselmayr. Alle hielten sich nicht mit ihrer Kritik zurück, Mängel wurden schonungslos aufgezeigt. Das ist ja letztlich der Sinn einer Erprobung. Die drei Testmaschinen, in höchsten Anforderungen gefahren, legten bis dato ca. 80 000 km zurück.
Ing. Walter Kuttler
Weingartmann
Einige Beispiele: ca. 100 km auf der Autobahn bei Salzburg an einem sehr heißen Tag, beginnend mit zwei Runden zu je 31 km mit 80 km/h Schnittgeschwindigkeit. Es folgte dann eine Runde bei Vollleistung und einem Schnitt von 95 km/h. Das Ganze wurde 3 Mal wiederholt. Unter Ausnützung der vollen Motorleistung erfolgten achtmalige Zeitläufe auf der 12,5 km langen Nordrampe der Großglockner-Hochalpenstraße von Ferleiten bis zum Fuschertörl (Höhenunterschied 1283 m) mit Solofahrt, Sozius und besetztem Beiwagen. Weiters acht Mal die 5,2 km lange Nordrampe des Katschberges (Höhenunterschied 590 m). Dieser Straßenabschnitt war damals die steilste Alpenstraße in Österreich. Dazu kamen noch Hochgeschwindigkeitstest auf der Autobahn bei Salzburg in sitzender Position mit ca. 100 km/h, sowie flach liegend mit 110 km/h, gemittelt aus Hin- und Rückfahrt. Die Anreise zur Autobahn nach Salzburg, der einzigen damals in Österreich, dem Großglockner und zum Katschberg erfolgte durchwegs mit den Testmaschinen. Die Verbrauchswerte lagen je nach Fahrweise zwischen 2,4 und 4,9 Liter/100 km. Stetes Lob heimste das Getriebe ein, deren Abstufung sich in der jeweiligen Übersetzung, ob für Solo- oder Beiwagenbetrieb, bestens bewährte.

Die Puch 250 absolvierte auch Testreihen seitens der Entwicklungsabteilung von Steyr. Zirka 9000 km wurde die Maschine gefahren. Kritik gab es beim Getriebegeräusch, das aber sinnigerweise der Auspuff übertönte, der Schwergängigkeit der Schaltung und der Kupplung, sowie zeitweisem „Klingeln“ des Motors bei Vollgas. Gelobt wurden der niedrige Kraftstoffverbrauch, die guten Bremsen und die gute Straßenlage. Selbstverständlich war die Puch 250 von Beginn an mit einer im Ölbad laufenden Lamellenkupplung und links zu betätigender Fußschaltung ausgestattet.
Probleme gab es lediglich mit diversen Zukaufteilen, wie Gummi-Dichtringen, Kupplungsbelägen und Glühlampen, bedingt wohl durch die erst langsam anlaufende Produktion in den jeweiligen Firmen.

Um einen Vergleich zur Konkurrenz zu haben, sind die Motoren einiger 2-Rad-Hersteller leistungsmäßig am Prüfstand (abgenommen am Getriebeausgang unter Berücksichtigung von 5% Getriebewirkungsgrad) überprüft worden. Es waren dies: DKW KS 250 (Versuchsmotor 9,75 PS/4300 U/min), DKW NZ 350 (Heereskraftrad 11,1 PS/3750 U/min), DKW NZ 500 (Zweizylinder 17,5 PS /4500 U/min), Triumph B 350 (11,5 PS/ 4500 U/ min), Triumph BD 250 (Doppelkolbenmotor mit Einlassdrehschieber 11 PS/4000 U/min), Ardie RBZ 250 (8 PS/ 4000 U/min), CZ 350 (9 PS/3300 U/min) und Jawa 250 (9 PS bei 4500 U/min). Letztere, war mit einem Einzylinder Motor und 4-Gang Getriebe, einer Telegabel und gefedertem Hinterrad mit Stoßdämpfer ausgestattet. Die Jawa zählte zu den fortschrittlichsten und preiswertesten  Motorrädern dieser Zeit.

Am Schluss der Testreihen ist der Federungskomfort und die Straßenlage der Jawa mit jener  der Puch 250 in den Varianten Telegabel und starrem Hinterbau, sowie Telegabel und gefedertem, gedämpftem, gerade geführtem Hinterrad verglichen worden. Diese Variante, vom Vorstand und der Verkaufsdirektion gefordert, setze aber erst etwas später ein.

Alle Testergebnisse, Mängel und Erkenntnisse hier anzuführen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Zu umfangreich sind die noch erhaltenen Berichte, außerdem ist ja letztlich nur von Bedeutung, wie das Serienfahrzeug dann aussah.

Im Entwicklungsbericht vom 9. November 1947 wird der Vorstand um Freigabe der Einrichtung ersucht. Die Verkaufsabteilung forderte die ersten Serienfahrzeuge spätestens für Oktober 1948. Fordern kann man ja etwas, aber ob man es kriegt, ist eine andere Sache, sagte mir einmal Walter Kuttler.

Seitens der Entwicklungsabteilung wird betont, dass noch auf etwaige Verbesserungen, wie die in Entwicklung befindliche Hinterradfederung und das noch zu klärende Design von Vorderradkotblech, Tank und Scheinwerfer, Rücksicht zu nehmen ist. Es wird die Erprobung im Jahr 1948 weiter fortgesetzt. Um ganz sicher zu gehen, beteiligte sich Puch erfolgreich mit seiner TF 1948 an der Sechs-Tagefahrt in der CSSR.

Ein wichtiges Detail war noch zu klären: In welcher Farbe soll das Motorrad lackiert werden. Allgemeiner Standard damals war schwarz, das wollte man aber nicht unbedingt. Herr Ing. Kuttler erzählte mir, dass ihm Herr Dir. Rösche den Auftrag gegeben habe; „Gehn’s in die Lackiererei und suchen’s a schöne Farbe für’s Motorrad aus“. Er suchte das Dottergelb aus, das ein unverwechselbares Markenzeichen der Serien Puch TF werden sollte.

Beim Genfer Autosalon im März 1948 ist die gelbe Puch 250 TF erstmals vorgestellt worden. Um es gleich vorweg zu nehmen: Sie schlug ein wie eine Bombe. Wie heißt es im Originalbericht: „Die 250er TF ist wohl das am meisten bestaunte, am meisten fotografierte, und meisten abgezeichnete Modell des Salons gewesen. Es wurde sowohl von den Fachleuten aus den Westländern als auch von den Schweizer Händlern als ein bahnbrechendes Modell bezeichnet“.

Die Gesamtlänge der Erprobungskilometer aller Fahrzeuge betrug 150 000 km.

Im Frühjahr 1949 erfolgte der Serienstart dieses Erfolgsmodells, das bis zu seiner Einstellung im Jahr 1954 die imposante Produktionsstückzahl von ca. 60 000 Stück erreichte.
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